In unserer ESRS-Blogreihe widmen wir uns heute ESRS S4, dem Standard zur Berichterstattung über soziale Aspekte im Verhältnis zu Verbraucher:innen und Endnutzer:innen. Dieser Standard verpflichtet Unternehmen, transparent darzustellen, wie Produkte und Dienstleistungen Menschen beeinflussen – etwa im Hinblick auf Gesundheit, Sicherheit, Datenschutz, Inklusion und mögliche Abhängigkeiten.
Neuere Entwürfe (z. B. der Amended ESRS S4 (Juli 2025)) bestätigen, dass die Offenlegung künftig noch stärker entlang der Dreiteilung Richtlinien → Maßnahmen → Ziele erfolgen soll. Zudem wurden die Anforderungen an Datenpunkte präzisiert und teilweise gestrafft, insbesondere unter dem Aspekt der praktischen Umsetzbarkeit.
Was ist ESRS S4 - Kernprinzipien und Zielsetzung von ESRS S4
ESRS S4 fordert, dass Unternehmen Informationen über folgende Aspekte offenlegen, sofern diese wesentlich sind:
Politiken (Policies) im Umgang mit Verbraucher:innen und Endnutzer:innen, insbesondere zur Identifizierung, Bewertung und Steuerung von negativen wie positiven Auswirkungen.
Maßnahmen & Ressourcen zur Vermeidung, Minderung, Abhilfe oder Förderung positiver Effekte sowie Monitoring der Wirksamkeit.
Ziele (Targets) zur Steuerung und Kontrolle der Performance im Zeitverlauf (sofern vorhanden).
Außerdem verlangt der Standard eine Offenlegung der Risiken und Chancen, die sich aus Abhängigkeiten von Verbraucher:innen oder Endnutzer:innen ergeben, sowie der finanziellen Auswirkungen dieser Risiken und Chancen auf das Unternehmen.
Thematisch fokussiert ESRS S4 drei wesentliche Wirkungskategorien:
Information & Datenschutz (z. B. Privatsphäre, Zugang zu Informationen)
Gesundheit & Sicherheit (z. B. Produktsicherheit, Schutz von Kindern)
Soziale Inklusion & Nichtdiskriminierung (z. B. gerechter Zugang, faire Marketingpraktiken)
Disclosure requirements in accordance with ESRS S4
Under ESRS S4, companies are obliged to report on their strategies and measures in relation to consumers and end users. An overview of the main disclosure requirements can be found here:
Politiken gegenüber Verbraucher:innen und Endnutzer:innen zur Steuerung von materiellen Auswirkungen, Risiken und Chancen.
S4-2
Prozesse zur Einbeziehung von Verbraucher:innen und Endnutzer:innen in Bezug auf tatsächliche oder potenzielle Auswirkungen.
S4-3
Kanäle zur Einbringung von Beschwerden, Abhilfemechanismen sowie Prozesse zur Behebung negativer Auswirkungen.
S4-4
Beschriebene Maßnahmen zur Steuerung materieller Auswirkungen, Risiken und Chancen und die Bewertung ihrer Wirksamkeit.
S4-5
Zeitgebundene Ziele im Zusammenhang mit der Reduktion negativer Wirkungen, Förderung positiver Effekte und Risikosteuerung.
S4-6
Ansätze zur Minderung materieller Risiken und zur Nutzung materieller Chancen im Zusammenhang mit Verbraucher:innen und Endnutzer:innen.
Objective of ESRS S4
Der ESRS S4-Standard hat das Ziel, Nutzer:innen von Nachhaltigkeitserklärungen ein klares und konsistentes Bild darüber zu geben,
wie ein Unternehmen die Beziehung zu seinen Verbraucher:innen und Endnutzer:innen gestaltet,
welche negativen oder positiven Auswirkungen Produkte oder Dienstleistungen auf diese Gruppen haben,
welche Risiken und Chancen sich daraus für das Unternehmen ergeben (z. B. durch Reputationsschäden, Regulierung, Abhängigkeiten),
und *wie diese Aspekte steuernd in Strategie, Governance und Kontrolle integriert werden.
Der Standard verlangt explizit, nicht nur auf vergangene Effekte zu schauen, sondern auch auf Abhängigkeiten – beispielsweise, wie stark ein Geschäftsmodell von wiederkehrender Nutzung durch Endnutzer:innen abhängt – und wie diese Beziehungen in die Risikobewertung und strategische Ausrichtung eingebunden sind.
Synergies with other ESRS standards
ESRS S4 ist nicht isoliert zu betrachten: Es existieren enge Verknüpfungen zu mehreren anderen ESRS-Standards:
ESRS 2 (Strategie, Governance, Materialitätsbeurteilung): Der gesamte S4-Teil muss kohärent zur Strategie, den Governance-Strukturen und der Wesentlichkeitsanalyse des Unternehmens stehen. Die Nutzer:innen-Perspektive beeinflusst, wie Strategie und Geschäftsmodell bewertet werden. (vgl. ED S4, Verweise auf SBM-2, SBM-3 in Appendix)
ESRS S1 und S2 (eigene Belegschaft & Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette): Viele Aspekte wie Menschenrechte, faire Behandlung und externe Betroffene überschneiden sich – insbesondere dann, wenn Konsument:innen gleichzeitig Arbeitnehmer:innen oder Angehörige von Gemeinschaften sind.
ESRS G1 (Unternehmenspolitik/Governance): Richtlinien, Compliance-Mechanismen, Codes of Conduct und Whistleblowing-Systeme, die zur Unternehmenspolitik gehören, wirken direkt darauf, wie ein Unternehmen gegenüber Verbraucher:innen agiert (z. B. in Datenschutz oder Korruptionsprävention).
ESRS E-Standards (z. B. E2 Umweltverschmutzung, E5 Ressourcennutzung): Umweltwirkungen eines Produkts (z. B. Emissionen, Abfall) haben Rückwirkungen auf Verbraucher:innen und das Vertrauen in Produkte; auch Lebensdauer und Reparierbarkeit verknüpfen ökologische und soziale Aspekte.
Diese Überschneidungen erfordern, dass Unternehmen ihre Berichte sektorübergreifend gestalten – Redundanzen vermeiden und konsistente Narrative verwenden.
Challenges during implementation
Unternehmen stehen bei der Umsetzung von ESRS S4 vor spezifischen Hürden:
1. Identifikation betroffener Nutzergruppen
Verbraucher:innen und Endnutzer:innen sind heterogen – Alter, Vulnerabilität, Nutzungskontext etc. müssen berücksichtigt werden, um materiellen Einfluss korrekt abzubilden.
2. Dialog & Feedbackmechanismen
Das Einrichten vertrauenswürdiger Kanäle (z. B. Hotlines, Plattformen, Verbrauchervertretungen) und die Sicherstellung, dass diese auch tatsächlich genutzt und ausgewertet werden, ist technisch und organisatorisch anspruchsvoll.
3. Messbarkeit und Indikatoren für Wirksamkeit
Maßnahmen sind nur sinnvoll, wenn ihre Wirkung auch messbar gemacht wird. Unternehmen müssen geeignete KPIs und Monitoringprozesse definieren.
4. Datenquellen und Abhängigkeiten
Einige Angaben – z. B. zu Datenschutz, Nutzungsmustern oder Gesundheitseffekten – beruhen auf Daten von Nutzer:innen oder Dritten. Die Verlässlichkeit und Verfügbarkeit solcher Daten ist oft begrenzt.
5. Integration in Geschäftsmodell und Strategie
Die Offenlegung muss konsistent mit ESRS 2 erfolgen – d. h. Einfluss von Verbraucher:innen auf Strategie, Geschäftsmodell und Risiken muss erkennbar sein.
Neuerungen im aktuellen EFRAG-Entwurf (Juli 2025) + Infobox
Der Amended ESRS S4 Exposure Draft von Juli 2025 bringt wesentliche Präzisierungen und Anpassungen, die Unternehmen ernst nehmen sollten. Einige der zentralen Änderungen:
Einführung einer klaren Dreiteilung: Politik → Maßnahmen → Ziele (anstelle eines gemischten Formats), um Transparenz und Struktur zu erhöhen.
Deutliche Reduktion von verpflichtenden Datenpunkten als Teil der allgemeinen Vereinfachungsinitiative – im Gesamtpaket werden für viele Standards über 50 % der “shall”-Datenpunkte gestrichen oder moduliert.
Stärkere Betonung auf Wirksamkeit: Unternehmen sollen nicht nur Maßnahmen beschreiben, sondern auch Indikatoren oder Kriterien für die Bewertung der Wirkung offenlegen. (§S4-4)
Erweiterte Anforderungen an Feedback-Kanäle & Beschwerdemechanismen (S4-3) mit Fokus auf Transparenz, Vertrauenswürdigkeit und Schutz vor Repressalien.
Ausweis von Abhängigkeiten und finanziellen Effekten stärker als in früheren Versionen (z. B. wie Rückgang von Nutzerzahlen, Haftungsrisiken bei Datenschutzverletzungen).
Wesentliche Neuerungen im Entwurf ESRS S4 (Juli 2025)
Struktur: Politik → Maßnahmen → Ziele: Der aktualisierte Entwurf verlangt eine klare Trennung dieser drei Elemente im Bericht. (EFRAG Amended ESRS S4 Draft)
Datenpunktreduktion: Einige Pflichtangaben werden gestrichen oder vereinfacht, um die Administrative Last zu verringern. (Draft V1.6 PDF)
Fokus auf Wirksamkeit: Maßnahmen müssen künftig mit Indikatoren oder Kriterien zur Wirkung bewertet werden. (EFRAG Draft)
Gestärkte Feedback- & Beschwerdemechanismen: Strengere Vorgaben für Kanäle, Schutz und Transparenz in S4-3. (Draft V1.6 PDF)
Abhängigkeiten & finanzielle Effekte: Der Entwurf hebt stärker hervor, dass Abhängigkeiten vom Nutzerverhalten und mögliche finanzielle Risiken offengelegt werden müssen. (EFRAG Amended ESRS S4 Draft)
Hinweis: Entwurf befindet sich derzeit in Konsultation (Frist bis 29. September 2025) – bis zur finalen Version sind Anpassungen möglich.
Fazit & Ausblick
ESRS S4 ist für kundenorientierte Geschäftsmodelle ein kritischer Standard – er bringt Transparenz in die Beziehungen zwischen Unternehmen und Verbraucher:innen. Der jüngste Entwurf vertieft die Anforderungen in Richtung Wirksamkeit, Konsultation und Zielsteuerung.
Unternehmen sollten frühzeitig beginnen, vertrauenswürdige Feedback-Kanäle aufzubauen, KPIs zur Wirkungsmessung festzulegen und sicherzustellen, dass die Offenlegung mit Strategie und Risiko-Management (ESRS 2) konsistent ist.
Mit Blick auf die Veröffentlichung der finalen ESRS-Version (voraussichtlich ab 2026/2027) und die laufende Konsultationsphase bis 29. September 2025 (Quick-Fix-Zeiträume) ist es ratsam, die Umsetzung Schritt für Schritt zu planen.
Verbraucher:innen sind Personen, die Produkte oder Dienstleistungen für den persönlichen Gebrauch erwerben. Endnutzer:innen sind jene, die die Produkte oder Dienste tatsächlich nutzen, auch wenn sie sie nicht selbst erwerben. [oai_citation:10‡EFRAG](https://www.efrag.org/sites/default/files/sites/webpublishing/SiteAssets/ED_ESRS_S4.pdf?utm_source=chatgpt.com)
Der aktualisierte Entwurf verlangt eine klare Dreiteilung der Offenlegung: bestehende Richtlinien (Policy), aktuell umgesetzte Maßnahmen und definierte Ziele zur Steuerung der Auswirkungen. [oai_citation:11‡EFRAG](https://www.efrag.org/sites/default/files/media/document/2025-07/Amended_ESRS_Exposure_Draft_July_2025_ESRS_S4.pdf?utm_source=chatgpt.com)
Nein – nur solche Verbrauchergruppen, die als materiell eingestuft werden. Unternehmen müssen darlegen, welche Gruppen betroffen sind und ggf. Ausschlüsse begründen. [oai_citation:12‡EFRAG](https://www.efrag.org/sites/default/files/media/document/2025-07/06.07%20ESRS%20S4%20V1.6.pdf?utm_source=chatgpt.com)
Im Entwurf sind keine speziellen Phase-In-Regelungen für S4 genannt. Allerdings gelten im Rahmen der allgemeinen CSRD-/Quick-Fix-Anpassungen Erleichterungen für Wave-1-Unternehmen. [oai_citation:13‡EFRAG](https://www.efrag.org/sites/default/files/media/document/2025-07/Amended_ESRS_Exposure_Draft_July_2025_ESRS_S4.pdf?utm_source=chatgpt.com)
Sehr eng: Offenlegung gemäß S4 muss konsistent mit ESRS 2 (Strategie, Governance, Materialität) sein – z. B. wie die Perspektive von Nutzer:innen in die Strategie einfließt. [oai_citation:14‡EFRAG](https://www.efrag.org/sites/default/files/media/document/2025-07/Amended_ESRS_Exposure_Draft_July_2025_ESRS_S4.pdf?utm_source=chatgpt.com)