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Kooperation von ISO und GHG Protocol: Strategische Partnerschaft als Meilenstein im Carbon Accounting

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DATE

10.9.2025

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Governance & regulation

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Climate management

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Am 9. September 2025 wurde veröffentlichten sowohl ISO als auch das GHG Protocol ihr neue strategische Partnerschaft. Ziel dieser Partnerschaft ist es, künftig gemeinsame und harmonisierte Standards für das Treibhausgas-Reporting zu schaffen.

Diese „ISO GHG Protocol Partnerschaft“ markiert die Bestrebung, die bislang parallelen und teilweise konkurrierenden Systeme näher zusammenzuführen. Für Unternehmen weltweit bedeutet dies eine potenzielle Vereinfachung ihrer Reporting- und Verifizierungsprozesse – und zugleich eine neue Orientierung in einem Feld, das bislang durch Fragmentierung geprägt war.

Hintergrund: ISO 14064-Familie & GHG Protocol im Überblick

Die beiden Frameworks gelten seit Jahren als die maßgeblichen Standards im Carbon Accounting – und dennoch sprechen sie bislang unterschiedliche Sprachen.

  • ISO 14064 und seine drei zentralen Teile:
    • ISO 14064-1: Spezifikation und Leitlinien für die Quantifizierung von Treibhausgas-Emissionen auf Organisationsebene.
    • ISO 14064-2: Methodik für Projekt-Emissionen (z. B. Minderungsprojekte, Offsetting).
    • ISO 14064-3: Anforderungen an Verifizierung und Validierung – und damit der wichtigste Bezugspunkt für externe Prüfprozesse.
  • GHG Protocol: Das Greenhouse Gas Protocol wurde Anfang der 2000er Jahre von WRI und WBCSD entwickelt und ist heute der weltweit am meisten genutzte Corporate Standard. Seine Bausteine:
    • Corporate Standard (Scopes 1–3)
    • Scope 2 Guidance und Scope 3 Standard
    • Product Life Cycle Accounting und Project Protocol

Während ISO klar im Bereich Auditierbarkeit verankert ist, hat das GHG Protocol eine enorme Marktverbreitung und dient als Grundlage vieler Regulierungen und ESG-Softwarelösungen.

The partnership will produce a common global language for emissions accounting, which will accelerate progress towards decarbonization (...) and cover corporate, product, project accounting and verification standards.

Das neue Alignment: Was bedeutet die Partnerschaft?

Die heutige Ankündigung ist mehr als ein Kooperationssymbol: Sie zielt auf die praktische Harmonisierung von GHG-Standards. Bisher existieren parallel gewachsene Regelwerke: die ISO-Familie 1406x auf der einen Seite, die GHG-Protocol-Standards auf der anderen. Unternehmen mussten diese teils parallel anwenden, was zu Doppelaufwand, Unsicherheiten und eingeschränkter Vergleichbarkeit führte.

Die neue Partnerschaft schafft hier Abhilfe. ISO und GHG Protocol wollen:

  • bestehende Standards harmonisieren,
  • neue, gemeinsam gebrandete Standards entwickeln,
  • Komplexität im Reporting verringern und
  • die Vergleichbarkeit und Akzeptanz weltweit erhöhen.

Geplante Maßnahmen

  • Einführung von co-branded Standards, die ISO-Methodik und GHG-Protokoll-Logik vereinen.
  • Erste Priorität: ein gemeinsamer Produkt-Fußabdruck-Standard, um die heute stark fragmentierte Landschaft (ISO 14067, GHG Product Standard) zu vereinen.
  • Gemeinsamer Terminologie-Katalog für Reporting, Scopes, Verifizierung.

Zielsetzung

  • Abbau von Doppelstrukturen: Unternehmen sollen künftig nicht mehr zwei parallele Systeme bedienen müssen.
  • Globale Konsistenz: ein einheitlicher „Wortschatz“ für Carbon Accounting.
  • Entlastung für Unternehmen, die Reporting-Prozesse effizienter gestalten und die Verifizierbarkeit erhöhen wollen.

Wichtig für Unternehmen: Solange die neuen Standards noch nicht final vorliegen, bleiben die bestehenden ISO- und GHG-Protocol-Standards weiterhin gültig. Niemand muss also über Nacht umstellen – aber es lohnt sich, sich frühzeitig auf die neue Harmonisierung auszurichten.

Welche Standards sind betroffen?

Die Partnerschaft umfasst Corporate-, Produkt- und Projektbilanzierung sowie Verifizierung. Darunter fallen unter anderem:

  • ISO-Reihe 1406x (Corporate, PCF, Project Accounting, Verification)
  • GHG Protocol Corporate Standard inkl. Scope-2-Guidance und Scope-3-Standard
  • Entwicklung eines gemeinsamen Product Carbon Footprint (PCF)-Standards

Damit wird die Harmonisierung erstmals nicht nur die Unternehmensbilanzen, sondern auch produktbezogene CO₂-Fußabdrücke betreffen – ein Bereich, der für Lieferkettenmanagement, CBAM-Umsetzung und Dekarbonisierungsstrategien in Europa von wachsender Relevanz ist.

Vergleich: ISO 14064 vs. GHG Protocol – aktuelle Inhalte und Unterschiede

Auch wenn beide Standards ähnliche Ziele verfolgen, unterscheiden sie sich in Scope, Anwendungslogik und Verifizierungstiefe.

Kriterium ISO 14064-1/-2/-3 (inkl. ISO 14067) GHG Protocol (Corporate, Scope 2/3, Product, Project)
Fokus Quantifizierung auf Organisations-/Projekt-ebene; Verifizierung & Validierung nach 14064-3. Unternehmens-Reporting (Scopes 1–3), produkt- und projektbezogene Leitlinien; breite Anwendung.
Anwendungsbereich 14064-1: Organisation; 14064-2: Projekte; 14064-3: Verifizierung; 14067: Produkt-CFP. Corporate Standard; Scope-2-Guidance; Scope-3-Standard; Product & Project Accounting.
Scopes Deckt Scopes 1–3 ab, methodisch verankert über Systemgrenzen und Emissionsquellen. Ausführliche Guidance zu Scope 2 (market- vs. location-based) und Scope 3-Kategorien (15).
Datenqualität Formale Anforderungen an Belege, Unsicherheitsanalyse, Stichprobenplanung. Qualitätsprinzipien & Hierarchien (primär/sekundär), Kategorien-spezifische Leitfäden.
Verifizierbarkeit Explizite Anforderungen an Prüfdesign, Belege, Stichproben; klare Verifizierungsurteile. Verifizierbar über abgeleitete Kriterien; oft mit Referenz auf ISO 14064-3 in Audits.
Auditpfad Strenger Nachweis- und Evidenzfokus; klare Rollen (Verifizierer/Validierer). Audit i. d. R. gegen GHG-Kriterien, oft kombiniert mit ISO-Verifizierung.
Marktverbreitung Weit verbreitet für Zertifizierungen & Assurance (v. a. regulierte Kontexte). De-facto-Standard für Corporate GHG; breit in Regulierungen & Software verankert.
Regulatorische Kompatibilität Häufig als Prüfgrundlage (Assurance) anerkannt. Basis für CSRD/ESRS-Kompatibilität, Anknüpfungspunkte zu ISSB/SEC.
Typische Einsatzfälle Assurance-getriebene Berichte, projektbezogene Minderungen, formale Prüfpfade. Unternehmensweite Inventare, Lieferketten-Scope-3, Management-Reporting.

Die Stärken von ISO liegen klar in der Verifizierung und Auditierbarkeit, während das GHG Protocol als „lingua franca“ des Marktes etabliert ist und regulatorisch tief eingebettet ist (z. B. CSRD, SEC, ISSB).

Relevanz für Unternehmen: Was bedeutet das Alignment konkret?

Für Unternehmen, die ihre Klimastrategie und ihr Reporting bereits an einem dieser Standards ausrichten, ist die Partnerschaft hochrelevant:

  • Vorteile
    • Vereinfachung von Prozessen, weniger Parallelarbeit.
    • Einheitliche Definitionen und konsistentere Datenstrukturen.
    • Höhere Effizienz in Reporting und Verifizierung.
  • Risiken & Herausforderungen
    • Übergangsphase mit potenziellen Doppelanforderungen.
    • Unterschiedliche Geschwindigkeit bei der Übernahme durch Regulatoren.
    • Abstimmung mit Auditoren und Zertifizierern notwendig.

Unsere Empfehlung: Unternehmen sollten ihre derzeitige Reporting-Architektur überprüfen und prüfen, welche Synergien die Harmonisierung mittelfristig bringt.

Chancen & Nutzen für Unternehmen

Die Partnerschaft schafft mehrere Vorteile:

  • Konsistenz: Einheitliche Regeln reduzieren Interpretationsspielräume und stärken die Glaubwürdigkeit in Märkten und bei Investoren.
  • Effizienz: Weniger Doppelaufwand in der Berichterstattung, insbesondere für global agierende Unternehmen.
  • Lieferkettenfähigkeit: Ein neuer PCF-Standard erleichtert die Erhebung und Weitergabe von Emissionsdaten entlang komplexer Wertschöpfungsketten.
  • Regulatorische Anschlussfähigkeit: Harmonisierung erleichtert die Kompatibilität mit CSRD/ESRS, CBAM und internationalen Regulierungen.
  • Verifizierung & Assurance: Einheitliche Rahmenbedingungen stärken die Grundlage für Audits und reduzieren die Kosten.

Herausforderungen und Grenzen

  • Übergangsphase: Bis neue Standards finalisiert sind, gilt ein Nebeneinander von bestehenden Regeln. Unternehmen müssen sorgfältig priorisieren, auf welchen Standard sie sich heute ausrichten, ohne morgen Anpassungen doppelt vornehmen zu müssen.
  • Scope-3-Daten: Auch harmonisierte Standards lösen nicht die Grundherausforderung mangelhafter Datenqualität in Lieferketten. Unternehmen sollten hier proaktiv investieren.
  • Removals & Land Sector: Da diese Bereiche nicht im Co-Development enthalten sind, bleibt Unsicherheit, wie und wann eine Integration erfolgt.

Der Ausblick

Stand 25.09.2025

Die ISO–GHG-Protocol-Partnerschaft ist mehr als ein formales Alignment. Sie könnte das Reporting-Ökosystem nachhaltig verändern und die Grundlage für eine globale Vergleichbarkeit im Carbon Accounting schaffen.

Nächster Schritt:

Unternehmen sollten jetzt prüfen, wie sie ihre Corporate Carbon Footprints (CCF), Scope-3-Bilanzierung und Produkt-Fußabdrücke (PCF) auf die kommende Harmonisierung vorbereiten können – und dabei die Synergien zu ESRS E1 und Climate Transition Plans nutzen.

What happens next?

Die gemeinsamen Arbeitsgruppen haben die Entwicklung gestartet. Ein offizieller Zeitplan zur Finalisierung liegt noch nicht vor, mit einer ersten Veröffentlichung wird jedoch 2026 gerechnet. Bis dahin gilt: Frühzeitige Vorbereitung schafft Klarheit und Wettbewerbsvorteile.

Erstberatung buchen: Berichterstattung effizient ISO- und GHG-Protocol-kompatibel aufstellen

Quelle & weiterführende Informationen

ISO–GHG Protocol Partnership FAQ (2025)

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Kontaktieren Sie uns – wir begleiten Sie strategisch und operativ auf dem Weg zu einem harmonisierten, zukunftsfähigen Klimamanagement.

FAQ: ISO × GHG Protocol – Was bedeutet die Partnerschaft?

Die wichtigsten Fragen & Antworten zur neuen Zusammenarbeit zwischen ISO und dem GHG Protocol – mit Blick auf Corporate-, Produkt- und Projekt-Bilanzierung sowie Verifizierung.

Was ist die ISO–GHG-Protocol-Partnerschaft?
Es handelt sich um eine strategische Zusammenarbeit von ISO und dem GHG Protocol (WRI/WBCSD), um bestehende Portfolios freiwilliger Treibhausgas-Standards zu harmonisieren und neue, gemeinsam gebrandete Standards zu entwickeln.
  • Ziel: eine kohärente, weltweit anschlussfähige „gemeinsame Sprache“ für Emissionsbilanzierung und Berichterstattung.
  • Nutzen: weniger Fragmentierung, höhere Vergleichbarkeit, robustere Assurance-/Verifizierungsgrundlagen.
Warum wurde die Partnerschaft geschlossen?
Parallel gewachsene ISO- und GHG-Standards führten zu Komplexität und eingeschränkter Vergleichbarkeit. Durch gemeinsame Entwicklung sollen Konsistenz, Kompatibilität und Skalierbarkeit steigen – mit positiven Effekten für Regulierung, Kapitalmarkt und Unternehmen.
Welche Standards sind im Umfang („Scope“) enthalten?
Abgedeckt sind Corporate-, Produkt- und Projekt-Accounting sowie Verifizierung – inkl.:
  • ISO-Familie 1406x (u. a. Corporate, Product Carbon Footprint, Project Accounting, Verification)
  • GHG-Protocol Corporate Standard, Scope-2-Guidance, Scope-3-Standard
  • Überarbeitung/Neuentwicklung eines aktualisierten Product Carbon Footprint (PCF)-Standards
Was ist vorerst nicht im gemeinsamen Entwicklungsumfang?
Die GHG-Protocol Land Sector & Removals Guidance liegt aktuell außerhalb des Co-Development-Scopes. Eine spätere Einbindung ist möglich, wird aber separat geprüft; Governance und Entscheidungsrechte bleiben bei den jeweiligen Organisationen.
Welchen praktischen Nutzen haben Unternehmen?
  • Weniger Doppelaufwand: ein harmonisiertes Set an Regeln für Corporate-, PCF- und Projekt-Bilanzierung.
  • Bessere Datenqualität & Vergleichbarkeit entlang der Lieferkette – wichtig für Scope-3 und PCF.
  • Erleichterte regulatorische Anschlussfähigkeit (z. B. CBAM-Umsetzung) durch abgestimmte Methodik.
  • Stärkeres Vertrauen bei Investoren durch klarere Assurance-/Verifizierungsgrundlagen.
Wie zahlt die Partnerschaft auf Produkt-Fußabdrücke (PCF) & Lieferketten ein?
Ein aktualisierter PCF-Standard adressiert die wachsende Nachfrage nach präziseren, interoperablen Daten entlang von Wertschöpfungsketten und unterstützt u. a. die Umsetzung grenzüberschreitender CO₂-Mechanismen (CBAM).
Welche Auswirkungen hat das auf Scope-3-Bilanzierung?
Die Harmonisierung verspricht klarere Zuweisungen, konsistentere Datenerhebung und höhere Vergleichbarkeit. Das reduziert Unsicherheiten bei Kategorien, Allokationen und Datenqualität – zentral für glaubwürdige Climate Transition Plans (CTPs) nach ESRS E1.
Wie ist der Zeitplan – wann kommen die harmonisierten Standards?
Beide Organisationen haben einen integrierten Entwicklungsprozess gestartet. Ein verbindlicher Veröffentlichungszeitplan wurde noch nicht kommuniziert; Unternehmen sollten jedoch bereits heute auf Harmonisierung ausrichten (Datenmodelle, Lieferantenanforderungen, Assurance-Prozesse).
Welche Relevanz hat die Partnerschaft für ESRS E1 & CTPs?
ESRS E1 verweist auf GHG-konforme Bilanzierung. Eine ISO×GHG-Harmonisierung erleichtert die Konsistenz von Corporate-, Scope-3- und PCF-Daten, die in Transition-Plänen (CTPs) zur Zielableitung, Maßnahmenpriorisierung und Finanzverzahnung genutzt werden.

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